Weder noch. Es ist ein Muss.
Ich würde es auf jeden Fall empfehlen. Eine Zertifizierung zahlt auf die Gesamtbilanz und die Glaubwürdigkeit des Unternehmens ein. Das gilt für alle Gebäude – sowohl für Büro- als auch für Fabrikgebäude. Wer eine Stereoanlage oder ein Auto kauft, schaut, wie das Produkt beurteilt wurde. Nur bei Gebäuden passiert das nicht. Das ist absurd. Ein zertifiziertes Gebäude hat einen höheren Wert. Das wird vor allem dann interessant, wenn Unternehmen es später verkaufen möchten.
Es kommt drauf an, ob das Unternehmen sich auf dem deutschen oder dem internationalen Markt bewegt, im Wohnungsbau oder bei Gewerbeimmobilien. Wer nur in Deutschland unterwegs ist – was ja bei Industrieunternehmen selten der Fall ist –, dem würde ich DGNB empfehlen. Im europäischen bzw. internationalen Kontext ist es klar LEED. Das ist allerdings auch ein „einfacheres“ Zertifikat – gerade im Vergleich zu DGNB. Wobei die DGNB-Zertifizierungen durchaus national angepasst werden. Alle Siegel müssen ständig überarbeitet werden, weil sie sich ansonsten überholen.
Bei den Kriterien sind vor allem die Baumaterialien und Ressourcen wichtig. Außerdem eine lückenlose Dokumentation, damit man hinterher noch weiß, was man getan hat. Vieles lässt sich im Nachhinein nicht mehr ändern. Da wäre dann nur noch der Rückbau als Alternative – und das ist aus meiner Sicht die schlechteste Option. Weitere wichtige Punkte sind der Lebenszyklus und die Flexibilität des Gebäudes, also die Umnutzbarkeit. Wer sich bereits ganz am Anfang, in Leistungsphase null, mit der Zertifizierung auseinandersetzt, hat größere Chancen, später den Gold- oder Platin-Status bei der Zertifizierung zu bekommen. Das kann ich nur empfehlen, denn Silber ist dann im Vergleich nicht mehr so viel wert – von Bronze ganz zu schweigen. Wichtig ist auch, die Vorgaben aus der Zertifizierung später im Betrieb weiter zu nutzen. Das wird häufig vergessen. Denn wenn ein Gebäude nicht richtig betrieben wird, ist es eben nach zehn Jahren runtergewirtschaftet. Dann hilft das Gold-Zertifikat auch nicht mehr. Daher sollte je nach Gebäudenutzung nach einer gewissen Betriebsdauer ein Abgleich der Standards beispielsweise in den Bereichen Energiemanagement, Wartung und vorbeugende Instandsetzung erfolgen.
Eine Zertifizierung lohnt sich auf alle Fälle. Es lohnt sich schon deshalb, weil bei einem vernünftig geplanten Gebäude nicht so viel nachrepariert werden muss. Man muss sich mal vor Augen halten, dass zehn Prozent der Kosten in der Regel Bauschäden sind. Fünf bis zehn Prozent der Baumaterialien werden schon wieder entsorgt, bevor sie überhaupt eingebaut sind. Mit einer Zertifizierung haben Auftraggeber Checklisten in der Hand und können erkennen, ob etwas gut oder eben nicht gut ist, und entsprechend nachfragen und gegensteuern. Ich denke, die Entwicklung bei der Bewertung von Gebäuden wird ähnlich der von Sustainable Finance gehen. Es wird ein Bonus-Malus-System geben. Insbesondere Versicherungen werden auf die Zertifizierungen schauen. Hat man beispielsweise keine nachweisbare Vorsorge für Schäden durch die Folgen des Klimawandels getroffen, kann die Versicherung später sagen: Wir versichern euch nicht mehr oder nur mit einer höheren Police. Und dann wird es richtig teuer.