Schulze: Einen klaren Trend kann ich zurzeit nicht ausmachen. Ich denke, wir sind aktuell in einer Phase, in der verschiedene Arbeitsformen und -welten parallel zum Einsatz kommen.
Schulze: Das traditionelle Arbeitsmodell „Nine-to-Five“ in einem Zellenbüro in der Firma mit fester Trennung von Berufs- und Privatleben hat ganz sicher abgenommen – zugunsten von agileren, flexibleren Arbeitsweisen wie beispielsweise Home-Office, Arbeiten von unterwegs oder in einem Coworking Space. Dies geht einher mit offeneren Arbeitswelten, in denen man sich den passenden Arbeitsplatz zur aktuellen Tätigkeit und Stimmung aussuchen kann. Zugleich beharrt man jedoch nicht fest auf dem „Nonterritorialen“, sondern lässt auch einen gewissen Prozentsatz an fest zu Mitarbeitenden zugeordneten Arbeitsplätzen zu, wenn dies entsprechend von deren Aufgaben oder persönlichen Bedürfnissen her nötig ist.
Schulze: Das Arbeiten nach dem Motto „Work Anywhere“ erweckt in mir immer den Eindruck, als ob wir unabhängig von Raum und Zeit arbeiten würden. Das ist mit Sicherheit nicht so! Wir werden immer an konkreten Orten und in konkreten Räumlichkeiten arbeiten. Selbst wenn wir in einem virtuellen Team arbeiten, schalten wir uns von einem konkreten Ort aus zum Beispiel in eine Videokonferenz ein. Von daher kommt es immer auch auf die Beschaffenheit und Ausstattung dieser Orte an. Zudem arbeiten wir in der Regel nicht an beliebig vielen Orten.
Schulze: In unseren Studien haben wir tatsächlich verschiedene Muster gefunden. Es gibt diejenigen, die in der Regel zwischen dem Arbeitsplatz in einer Organisation und dem Home-Office wechseln – dies ist unter anderem bei Lehrkräften häufig der Fall. Einige tauschen auch das Büro zu Hause mit dem Coworking Space, da sie hier leichter in eine produktive Arbeitshaltung kommen. Ein weiteres Profil ist das Arbeiten im Stammhaus und unterwegs beim Kunden sowie an weiteren Orten außerhalb des Home-Office. Und es gibt immer noch das Modell der klassischen festen Büroarbeit. Dies schließt allerdings auch häufig verschiedene Standorte innerhalb eines Unternehmens ein.
Schulze: In den Zeiten voranschreitender Digitalisierung und Flexibilisierung bemerken wir, dass die Qualität der physischen Präsenz, des direkten Miteinanders von Angesicht zu Angesicht, wieder mehr wertgeschätzt wird. Die physische Präsenz wird quasi zum knappen Gut und sollte so organisiert und gestaltet sein, dass ihre besonderen Qualitäten auch zur Geltung kommen. Beispielsweise ist die Anzahl an Konferenzen in Hotels auf hohem Niveau gleichgeblieben – und die Zahl der Teilnehmenden hat in den letzten Jahren sogar zugenommen. Das zeigt, dass den Firmen und Organisationen das Erlebnis des persönlichen Austauschs wichtig ist.
Schulze: Das Hineinversetzen in den anderen, der Perspektivenwechsel, das Gewinnen von Vertrauen, die Lösung von Konflikten oder bereits nur die Ausrichtung auf ein gemeinsames Ziel hin – dies sind Aspekte, die im direkten, persönlichen Miteinander einfach besser gelingen. Vor dem Hintergrund einer solchen Basis sind dann auch virtuelle Formen der Zusammenarbeit und Kommunikation viel erfolgreicher und leichter möglich. Die Treffen in Teams und mit Führungskräften nehmen somit zwar zahlenmäßig ab, gewinnen aber gleichzeitig an Bedeutung. Einige Firmen investieren deshalb aktuell in die räumliche Qualität für physische Treffen und Begegnungen. Ich denke, sie tun gut daran.
Schulze: Die eine zentrale Gestaltungsempfehlung für gesundheitsförderliche und leistungsförderliche Arbeitsumgebungen kann es nicht geben. Dafür ist das Verhältnis zwischen den räumlichen Bedingungen sowie denen der Arbeitsorganisation und denen aufseiten der Individuen einfach zu komplex. Insgesamt gesehen hat sich die Zufriedenheit der Mitarbeitenden mit der Raumgestaltung jedoch als Indikator für spätere Leistungseinbußen und für gesundheitliche Belastungen sowie das psychologische Wohlbefinden gezeigt. Die Firmen und Organisationen tun sich somit einen großen Gefallen, wenn sie auf die Anpassung der Arbeitsumgebungen an die Aufgaben und Bedürfnisse ihrer Mitarbeitenden Wert legen.