Wir haben mit einem Konsortium, bestehend aus 28 Partnern aus der Automobilindustrie, eine sogenannte Softwareschmiede gestartet mit dem Ziel, die ersten relevanten Use Cases im Umfeld Resilienz und Nachhaltigkeit gemeinsam zu entwickeln. Somit bauen wir die Basis wie auch die Schnittstellen für den Datenaustausch zwischen den Partnern entlang der globalen Lieferketten. Die Gründung des Konsortiums ist Teil eines Förderprogramms der Bundesregierung, welches im Sommer 2024 endet und dann die ersten zehn großen Use Cases für die globale Nutzung geschaffen hat. Zeitgleich sind wir mit dem Verein Catena-X e.V. an den Start gegangen, um eine Schirmorganisation zu schaffen für die notwendigen Standards und Zertifizierungen im Ökosystem Catena-X. Bei Catena-X e.V. sind wir noch in der Wachstumsphase.
Wir haben in einem ersten Schritt angefangen, Automobilhersteller, Zulieferer und Service Provider aus Deutschland zusammenzubringen. Darauf folgte dann schnell der Schritt in weitere europäische Länder und nach Übersee. Derzeit haben wir über 160 Mitglieder weltweit. Im Global Onboarding, wo wir international starke Partner suchen, anbinden und auch sogenannte lokale Hub-Strukturen aufbauen, sind wir noch in der Ramp-up-Phase. Frankreich und Schweden, aber auch USA, Japan und China sind hier wichtige Meilensteine auf unserer globalen Rollout-Roadmap. In diesem Jahr ist der erste operative Arm von Catena-X, nämlich Cofinity-X, an den Start gegangen. Als Betreiber werden von Cofinity-X die ersten Softwarepakete und Basis-Services für die Unternehmen angeboten, die mit uns im Netzwerk arbeiten wollen. Unser Ziel ist es, mittelfristig 1.000 Nutzer auf der Catena-X-Plattform zu haben, unabhängig davon, ob es Mitgliedsunternehmen sind oder nicht.
Catena-X ist aus der Gaia-X-Initiative heraus entstanden, mit dem Ziel, auf Basis europäischer Werte ein Gegengewicht zu den großen internationalen Cloud-Playern zu erschaffen. Der Mehrwert liegt aus meiner Sicht auf der Hand: breite Kollaboration aller Partner entlang der Wertschöpfungsketten und komplette Souveränität über die eigenen Daten. Auf Basis der EDC-Technologie (Eclipse Data Space Connector) hat jeder Nutzer die Gewissheit, dass die Daten bei ihm bleiben. Die Technologie ist eine Art Schlüssel, den jedes Unternehmen an seine Partner gibt, damit sie in die Daten schauen können. Im Zuge des Lieferkettengesetzes sind Unternehmen verpflichtet, immer mehr Daten zu sammeln und sichtbar zu machen. Jedes Unternehmen müsste dieses Sammeln und Sichtbarmachen individuell aufbauen und implementieren. Durch Catena-X entsteht eine gemeinsame Lösung und die Softwareentwicklungskosten werden geteilt. Ein weiterer Mehrwert ist, dass wir die gesamte Catena-X-Welt auf einer Open-Source-Struktur aufgebaut haben. Das heißt, dass die Software-Codes frei verfügbar sind und weitere Bausteine und Softwareelemente jederzeit ergänzt werden können. Catena-X bietet als kollaboratives Netzwerk Lösungs-Kits und -Bausteine an, die grundsätzlich von jedem verbessert, erweitert und innoviert werden können.
Es gibt viele kleine und mittelständische Unternehmen, die sofort die Vorteile erkennen und auch nutzen wollen. Natürlich gibt es aber auch Bedenken, was mit den eigenen Daten passiert und ob daraus ein Nachteil erwachsen kann. Aber hier geht es nicht um Preisverhandlungen und Vertragskonditionen. Es geht um lückenlose Transparenz und Schnelligkeit, um die Lieferketten resilienter zu gestalten. Ich kann allen Skeptikern nur empfehlen, sich die aktuellen Use Cases anzuschauen und den eigenen Nutzen daraus abzuleiten. Wir haben keine Hidden Agenda und haben diese auch nie gehabt. Es geht um ein partnerschaftliches Supply Chain Management mit einem klaren Win-Win-Gedanken für alle Beteiligten.
Unsere bisherigen zehn Use Cases wurden in vier sogenannte Software-Kits gebündelt. Es gibt das Basic Service Kit, wo es um die Basisfunktionalitäten geht, wie Catena-X überhaupt integriert und initial genutzt werden kann. Das zweite Kit beschäftigt sich mit dem Themenfeld Qualitätsdaten und Life-Cycle-Management. Und die anderen beiden Kits widmen sich der Supply Chain Resiliency sowie Sustainability. Aufbauend auf diesen Software-Kits und auch darüber hinaus werden Erweiterungen und Ergänzungen folgen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass wir einen Standardisierungs- und Zertifizierungsprozess gestartet haben, um eine durchgängige Kompatibilität und Konformität aller Lösungen im Catena-X-Netzwerk sicherzustellen.
Catena-X ist keine deutsche, sondern eine in Deutschland gestartete Supply-Chain-Initiative. Es war von Anfang an klar, dass das kein deutsches Projekt sein wird, eben weil die Automobilindustrie global aufgestellt ist und weil wir nur mit einem globalen Ansatz lange Datenketten aufbauen können. Alle Governance-Gremien, insbesondere der Vorstand Catena-X e.V. ist bewusst international besetzt. Es ist fest in unserer Satzung verankert, dass es einen großen Anteil von internationalen Firmen geben muss und auch die Verteilung zwischen OEM, KMU und Service-Anbietern geregelt ist, um eine gute Interessenbalance zu wahren. Wir nutzen international bestehende Strukturen und die lokalen Hubs sind für uns enorm wichtig. Klar ist, dass wir beim globalen Rollout vorhandene Lösungen und Netzwerke einbinden und integrieren möchten. Ich kann mich sehr lebhaft an wertvolle Diskussionen in Frankreich erinnern, wie dort bereits vorhandene gute Lösungen und Applikationen angebunden werden können. Solange die Grundspielregeln Open Source, Datenstandards oder auch Berechnungsregeln eingehalten werden, kann man verschiedene Lösungen problemlos integrieren und Catena-X als Netzwerk der Netzwerke kontinuierlich weiterentwickeln.
Als absoluter Catena-X-Fan bin ich 100 Prozent überzeugt, dass uns das Thema Kollaboration im Datenaustausch ein gutes Stück in Richtung Zukunft bringen wird. Ich glaube, dass wir in fünf Jahren mit Catena-X in den großen europäischen Ländern, ebenso wie in den USA und China etablierte Marktplätze für Catena-X-Applikationen haben werden. Und wir werden in fünf Jahren bis zu 20 Use Cases mit sehr großen Datenmengen und hohem Wertbeitrag für den Nutzer haben. Dazu wird das CO2-Tracking mit dem Carbon Footprint der Produkte gehören, ebenso wie das Tracken von Materialien im Rahmen von Circular Economy und Qualitäts- und Rückmeldesystemen. Also kurzum: Wir brauchen diese Applikationen, um für die gesetzlichen Anforderungen an die Automobilindustrie und die daraus entstehenden Herausforderungen an transparente und resiliente Lieferketten gerüstet zu sein. Catena-X ist eindeutig auf die Automobilindustrie ausgerichtet. Aber wir sind auch ein industriepolitisches Leuchtturmprojekt für die Digitalisierung der Lieferketten und somit Vorbereiter für weitere industrielle Netzwerke im Rahmen von Manufacturing-X.
Catena-X Network e. V.
Im Verein Catena-X Automotive Network e. V. sind die Aktivitäten rund um die Ausarbeitung, Förderung und Pflege gemeinsamer Grundlagen und Standards für das Datenökosystem gebündelt. Der Verein koordiniert soweit möglich die Entwicklungsarbeiten und versucht entsprechende Initiativen anzustoßen.