Die Themenbereiche Nachhaltigkeit, Ressourceneffizienz und Circular Economy sind in der letzten Zeit vermehrt in den Fokus der Öffentlichkeit getreten. Nicht zuletzt die extrem steigenden Energiepreise im letzten Jahr und das zunehmende Bewusstsein bezüglich der Klimakrise haben diese Themen deutlich in den Vordergrund gerückt.
Eine überproportionale Verbrauchsreduzierung scheint daher die einzige Lösung für eine Reduzierung der Energiekosten für Unternehmen und eine Verlangsamung der Erderwärmung. Nachhaltigkeit, also ein verantwortungsbewusster Umgang mit Ressourcen, stellt eine der herausforderndsten Zielstellungen im 21. Jahrhundert für Unternehmen und die Industrie dar.
Diese Herausforderung gilt es auch in der Fabrikplanung zu berücksichtigen: Die Fabrik der Zukunft muss möglichst flexibel und gleichzeitig energieeffizient gestaltet werden. Dies beinhaltet eine ganzheitliche Neubetrachtung von Produktions- und Fertigungsprozessen als auch von Fabrikplanungsprinzipien inklusive aller internen und externen Wirkzusammenhänge.
Dabei gilt es die strategischen Ansätze Lean, Green und Digital wie die folgenden fünf Stoßrichtungen zu beachten:
- Energieverschwendungen eliminieren
- Digitale Transparenz für gezieltes Energiemanagement schaffen
- Nachhaltige und flexible Werksstruktur für den ganzen Fabriklebenszyklus etablieren
- Im Greenfield einen klimaeffizienten (oder sogar klimapositiven) Standort auswählen
- Verwendung von ausschließlich erneuerbaren Energien
Energieverschwendungen eliminieren
Zu Beginn steht das Lean-Prinzip: Verschwendungen sind in jeder Hinsicht zu vermeiden und, falls vorhanden, zu eliminieren. Ein schonender Umgang mit Ressourcen wird in vielen Unternehmen vehement verfolgt und als ökonomische Verantwortung verstanden. Der Energieeinsatz als eine zu berücksichtigende Ressource kann demzufolge einen wichtigen Beitrag zur Wahrung der Nachhaltigkeit leisten. Diesen Nachhaltigkeitsaspekt gilt es fest in die Unternehmensorganisation zu verankern und Prozesse entsprechend anzupassen.
Digitale Transparenz fördern für gezieltes Energiemanagement
Ein organisatorisch verankertes Energiemanagement ist eine wichtige Maßnahme, um Verschwendung zu vermeiden. Voraussetzung dafür ist die Digitalisierung von Kernprozessen und die Verbrauchserfassung über Energie- und Medienzähler. Auf diese Weise wird die notwendige digitale Transparenz geschaffen, um den Energieverbrauch kontrollieren und steuern zu können. Alle Aktivitäten und Maßnahmen zum nachhaltigen Betrieb und zur Steigerung der Energieeffizienz laufen so zentral zusammen.
Nachhaltige und flexible Werksstruktur für den ganzen Fabriklebenszyklus etablieren
Bei der Festlegung der neuen Werksstruktur müssen Flexibilität und Wandlungsfähigkeit eine übergeordnete Rolle spielen, da so der Lebenszyklus der Fabrik erheblich verlängert wird. Die langfristige Wirkung der Investitionen beim Werksneubau führt zu dem Anspruch auf größtmögliche Erweiterbarkeit und Flexibilität bei der Flächennutzung.
Die einzelnen Technologien (Presswerk, Karosseriebau, Lackiererei und Montage) sind möglichst eng aneinander zu platzieren, um lange Transportwege zu vermeiden. Allerdings muss jede Technologie für sich auch wachsen können. Das Gesamtgebäudekonzept sollte auf einheitlichen Gebäudetypen (Flach- oder Geschossbauten) und einem standardisierten Säulenraster basieren. Die Nebenflächen sind zu reduzieren und der Fokus muss auf den wertschöpfenden Gebäuden und Flächen der Kernfertigung liegen. Die Vorgehensweise bei der Planung sollte vom „Kern“ (eigentliche Fertigung) ausgehen und sich auf die „Schalen“ der Unterstützungsfunktionen (Logistik, Planung und Verwaltung, Energieversorgung, Werksfeuerwehr usw.) ausweiten.
Das primäre Ziel bei der Gestaltung der Werksstruktur ist eine größtmögliche Ressourcen- und Energieeffizienz. Deshalb können Fabrik- und Energieplanung heute nicht mehr getrennt voneinander betrachtet werden, sondern müssen gemeinsam erfolgen. Der größte Einfluss auf die Nachhaltigkeit einer Fabrik ergibt sich, wenn die Fabrikplanung Prozess- und energiegetrieben erfolgt und Produktions- und Energieflexibilität kombiniert werden. Ein energetischer Masterplan ist für den Neubau einer energieeffizienten Fabrik daher unabdingbar.
Einen klimaeffizienten (oder sogar klimapositiven) Standort auswählen
Dieser energetische Masterplan beginnt im Greenfield bereits lange vor der konkreten Werksplanung und schon bei der Standortauswahl. Hier spielt der Klimaeinfluss eine entscheidende Rolle, denn der Einfluss des Klimas hat langfristig Auswirkungen auf die Energiekennzahlen eines Industriebetriebes.
Bezieht man den Klimafaktor mit in die Standortanalyse ein, kann wie im unten dargestellten Beispiel im Idealfall über die gesamte Betriebszeit sowohl auf Beheizung als auch Klimatisierung verzichtet werden.

Vergleich Klimadiagramme der Standorte Shenyang und Sao Paulo
Dieser Ansatz kann aber noch weitergedacht werden: Je nach Standortauswahl und weiteren Rahmenbedingungen (vorhandener Energiemix, Nutzung von erneuerbaren Energien vor Ort, Mobilitätskonzept für Mitarbeitende oder Lage zu Mitarbeitern und Kunden), können Unternehmen nicht nur klimaeffizient, sondern im Bestfall sogar klimapositiv wirtschaften. Dies bedeutet, dass Unternehmen am Standort mehr Energie erzeugen als verbraucht wird und diese überschüssige Energie speichern oder einspeisen. Im Brownfield gilt es Transparenz über die Potentiale des Standorts zu schaffen und vorallem den Einsatz Erneuerbarer Energien darauf abzustimmen.
Sehen Sie hierzu auch den Blogbeitrag „Energieautarkie in Deutschland“.
Erneuerbare Energien
Voraussetzung für ein nachhaltiges Energiekonzept ist die Nutzung von regenerativen Energien. Sie müssen Teil einer effizienten, energetischen Masterplanung sein und im Werkslayout berücksichtigt werden.
Neben der geographischen Lage, der Werks- und Gebäudestruktur hat die Gebäudekonstruktion einen erheblichen Anteil an der Energieeffizienz und dem Energiebedarf einer Produktion beziehungsweise eines Produktionsgebäudes. Ein energieeffizientes und nachhaltiges Produktionsgebäude muss die natürlichen Ressourcen wie Sonnenlicht, Luft, Regenwasser und Erdwärme bestmöglich nutzen. Ähnlich wie bei einem Passivhaus kann so der Primärenergiebedarf erheblich gesenkt werden. Des Weiteren kann durch eine entsprechende Konstruktion und durch Verwendung von bestimmten Materialien der Energieverlust durch Transmission und Lüftung erheblich reduziert werden. Der Einsatz von nachwachsenden und / oder Recyclingmaterialien muss in diesem Zusammenhang Prämisse sein.

Energieeffizientes Gebäudekonzept mit Nutzung natürlicher Ressourcen
Weitere Informationen zur energieeffizienten Fabrikplanung finden Sie auf unserer Insights Seite "Green Factory" oder in unserem Thesenpapier "10 Thesen zur Green Factory".