Sales & Operations Planning bekommt eine völlig neue Priorität
Volatile Marktbedingungen und instabile Lieferketten führen dazu, dass das Thema Sales & Operations Planning eine völlig neue Priorität bekommt. Kapazitäten aufstocken oder downsizen hat immer Konsequenzen für das gesamte System. Überlegungen wie Outsourcing, um beispielsweise zusätzliche Bedarfe abzudecken, oder die Einbindung alternativer Lieferanten sind nicht mal eben geplant und umgesetzt. Kurzfristiges Agieren führt immer zu Stress und Chaos in der gesamten Organisation und infolgedessen zu ineffizientem Agieren, Qualitäts- und Lieferproblemen und deutlich höheren Kosten.
Ein gut durchgeführter S&OP-Prozess hilft, Ressourcen optimal zu nutzen, Engpässe zu vermeiden und die gesamte Lieferkette zu optimieren. Unternehmen, die S&OP erfolgreich implementieren, können schneller auf Marktveränderungen reagieren und ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern. Sales & Operations Planning ist ein klar definierter End-to-End-Business-Prozess, bei dem Vertrieb, Marketing, Produktion und Logistik ins Gespräch gehen. Klingt simpel? Ist es auch. Zielsetzung ist dabei immer die Absicherung des aus dem Markt resultierenden Bedarfs durch aktives, vorausschauendes Erkennen von Kapazitätsengpässen und das Einleiten gegensteuernder Maßnahmen.
Je komplexer die Lieferketten und je mehr Player und Stakeholder involviert sind, desto größer wird die Komplexität und der damit verbundene Kommunikations- und Abstimmungsaufwand. Was fehlt, ist ein ganzheitliches Verständnis vom Lieferanten zum fertigen Produkt. Das End-to-End-Denken ist infolge der Silospezialisierung komplett verloren gegangen. Unternehmen brauchen ein organisationsübergreifend gemeinsames Verständnis für den richtigen Weg. Alle Beteiligten müssen das etablierte Silodenken aufbrechen, ganzheitlich denken und gemeinsam den Fokus auf das Thema Wertschöpfung legen. Konzerne können hier vom Mittelstand lernen. Nicht weil mittelständische Unternehmen weniger komplexe Lieferketten haben, sondern weil weniger Personen beteiligt sind, die deutlich schneller agieren und das End-to-End-Denken ganz anders umsetzen können.
Was also ist zu tun?
Die handelnden Akteure müssen regelmäßig Bedarf und Kapazitäten abgleichen. Verbindlichkeit lautet hier das Zauberwort. Denn sowohl der Vertrieb braucht verbindliche Zahlen ebenso wie der Einkauf und die Produktion. Fehlende Transparenz führt zu falschen Annahmen, und das wird teuer. Bedarfs- und Kapazitätsmanagement braucht Vertrauen in eine solide Datenbasis. Ob ganz hemdsärmelig mit der klassischen Excel-Tabelle oder hochmodern mit digitalen Tools – diesen Aspekt halte ich erst mal für zweitrangig. Digitale, in Teilen KI-gestützte Tools sind das Mittel der Zukunft. Aber sie sind nicht zwingend erforderlich, um den Prozess aufzusetzen. Je detaillierter die Stücklisten und umso feiner die Prognosen werden, desto wichtiger werden digitale Tools. In der Praxis scheitert es nicht an den Tools oder an den Systemen, sondern schlichtweg an den Prozessen in der jeweiligen Organisation. Der Prozess muss robuster ausgerichtet, das Mindset der Akteure sensibilisiert und das Vertrauen in die Datenbasis ausgebaut werden. Ziel muss sein, den Prozess stetig weiterzuentwickeln und den nächsten Reifegrad zu erlangen.
Deshalb gilt ohne Wenn und Aber: Process first.
Denn erst wenn die Prozesse funktionieren, sollte man über digitale Weiterentwicklung nachdenken. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass S&OP ein unverzichtbares Instrument für Unternehmen ist, um ihre Geschäftsziele zu erreichen und sich in einem dynamischen Marktumfeld zu behaupten. Wir beobachten zunehmend, dass Unternehmen Respekt vor so einem Prozess haben. Der Grund ist schnell gefunden, denn die Sorge ist meist, ein so hochkomplexes Projekt nicht stemmen zu können. Dabei erfordert es in erster Linie Offenheit, Mut und eine ganzheitliche Denkweise, sowohl von Planern als auch von Führungskräften, um den Prozess erfolgreich implementieren und kontinuierlich verbessern zu können.