Honold: Wir werden in den kommenden Jahren eine zunehmende Vernetzung zwischen Maschinen, Robotern und Auftragseingang haben. Der ganze Prozess wird automatischer und smarter ablaufen. Bereits heute gibt es schon zahlreiche innovative Lösungen und da werden weitere folgen. Die Logistik wird in Zukunft sicherlich mannloser werden, d. h., es werden immer weniger Menschen eingesetzt. Sogenannte Cloud-Lösungen werden eine deutlich größere Rolle spielen. Und auch das Thema Tracking und Tracing wird immer mehr an Bedeutung gewinnen.
Katai: Die Logistikbranche ist dem produzierenden Gewerbe sicherlich ein gutes Stück voraus. Die Arbeitsanweisung erreicht unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter komplett digital und in Echtzeit. Wir bei Honold setzen zudem seit geraumer Zeit auf die hochadaptive SAP-EWM-Lagerlogistiksoftware. Scanprozesse können zukünftig noch deutlich effizienter gestaltet werden, wenn wir beispielsweise noch flächendeckender mit Finger- oder Handschuhscannern arbeiten. Das spart deutlich Zeit, um die Waren nicht anheben zu müssen. Sofern RFID eingesetzt wird, fallen manuelle Scanprozesse sogar ganz weg. Die technologischen Entwicklungen werden in den kommenden Jahren exponentiell zunehmen, da ist es die Aufgabe der Unternehmen, immer auf dem Stand der Technik zu bleiben. Und da sind wir auch auf externe Beratung und externen Input angewiesen, um scannen und bewerten zu können, welche neuen Tools für uns nützlich sind und werden und welche Vorteile wir davon haben.
Honold: Zentrale Herausforderung ist für mich das Thema IT-Sicherheit. Hinzu kommt das große Thema Daten. Wer Daten hat und diese entsprechend analysieren kann, hat Zugang zu Ressourcen und somit klare Vorteile. „Predictive Solutions“ heißt in dem Zusammenhang das Schlagwort der Zukunft, um die Kapazitäten individuell anpassen zu können. Und genau das ist der kleine, aber feine Unterschied, um in einem hart umkämpften Markt Gewinner oder Verlierer zu sein.
Katai: Wenn wir von Herausforderungen sprechen, dann müssen wir uns vor allem zuerst die Prozesse genauer anschauen. Wir sehen jetzt schon, dass Prozesse in der Produktion und Distribution immer individueller und schneller werden. Das ist aus meiner Sicht eine der größten Herausforderungen. Wir brauchen dafür eine sehr gute Vernetzung. Aber Vernetzung funktioniert nur mit Schnittstellen und genau hier gibt es Optimierungspotenzial bei der Schnittstellenharmonisierung. Ziel ist es, diese Schnittstellen zu digitalisieren und zu automatisieren, um so noch effizienter und schneller zu werden.
Honold: Ohne Digitalisierung gäbe es uns nicht mehr, das muss man ganz nüchtern feststellen. Aber vorab sollten wir uns die Frage stellen, was wir unter Digitalisierung verstehen. Wir bei Honold investieren sehr umfangreich in Zukunftstechnologien. Im Rahmen unserer Kooperation Cargo-Line haben wir uns beispielsweise bei einem Start-up beteiligt, das eine virtuelle Spedition betreibt. Wir können mit dem System alles abbilden und die Kunden können sich jederzeit problemlos draufschalten. Spediteure werden immer mehr zum „Delivery Hero“. Es wird letztendlich immer mehr in den Hintergrund treten, was wir transportieren. Denn egal ob Palette, Auspuff oder ein Express-Produkt – ich kann als Spediteur verschiedene Transportprodukte anbieten. Stellen Sie sich doch einfach mal vor, Sie wollen eine Pizza bestellen. Da gibt es den Lieferdienst, der Ihnen den Anruf bei einer der digital angezeigten Pizzerien abnimmt und Ihnen neben Alternativvorschlägen noch Angaben zur Kalorienanzahl auflistet. Und genau das ist Digitalisierung, nämlich etwas Neues umzusetzen.
Katai: Mit einem schnellen und wirksamen Digitalisierungsansatz können wir einen klaren Wettbewerbsvorteil erzielen – zum einen für jedes einzelne Unternehmen und zum anderen für den Gesamtstandort Deutschland. Die Verbesserung von Produkten kommt, wenn wir dem Lean-Gedanken folgen, aus dem Kern der Wertschöpfung und drängt die Verschwendung immer mehr nach außen. Der Wertschöpfungsprozess an sich ist fast ausgereizt. Um deutsche Produkte wettbewerbsfähig zu halten, muss auch die Logistik ihren Anteil dazu beitragen. Wir haben hier schon viel umgesetzt, aber es gibt noch deutliche Potenziale. Logistik und Produktion müssen optimalerweise synchron verbessert werden. Und Digitalisierung bildet hier letztendlich genau die Brücke. Neue Technologien dürfen nicht zum Selbstzweck eingesetzt werden, man muss einen wirtschaftlichen Nutzen haben.
Honold: Wir haben seit Beginn an die Philosophie, dass wir zum einen technologisch stets Benchmark sein wollen und dass wir zum anderen ökologisch und nachhaltig ausgerichtet sind. Deshalb haben wir immer in die neuesten Technologien investiert, so zum Beispiel in vollautomatisierte Robotersysteme oder in automatische Mess- und Scansysteme. Digitalisierung und Automatisierung halten sich bei uns die Waage. Wir sind immer auf der Suche nach neuesten Technologien, um wirtschaftlich handlungsfähig zu sein.
Katai: Lassen Sie mich gerne ein Beispiel anführen. Wir prüfen derzeit, ob RPA für uns ein Thema in unseren Lägern ist, um den wiederkehrenden, manuellen Aufwand zu reduzieren. Als Stichwort sei hier das Thema Fachkräftemangel genannt. Gut ausgebildete Staplerfahrerinnen und Staplerfahrer sind Mangelware. Und da müssen wir schauen, welche Lösungen aus dem Bereich Automatisierung Abhilfe im Hinblick auf die Herausforderungen des Fachkräftemangels und der demografischen Entwicklung schaffen.
Katai: Im Zuge der Corona-Pandemie haben wir die Digitalisierung sicherlich nochmal enorm vorangetrieben. Wir haben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sind extra freigestellt, um zum einen das Marktumfeld zu scannen und neue Lösungen aufzuspüren. Zum anderen schauen sie sich intern unsere produktiven Bereiche an, um herauszufinden, wo es Verbesserungspotenziale gibt und mit welchen digitalen Ansätzen diese Potenziale gehoben werden können. Zudem haben wir eine eigene SAP-Abteilung, die mit ihren EWM-Spezialisten sehr leistungsstark und schnell handlungsfähig ist. Und genau hier unterstützen wir auch unsere Kunden, wenn sie dieses System einführen wollen.
Katai: Ich muss zunächst die Prozesse analysieren, um die Digitale Transformation vorantreiben zu können. Das funktioniert nur im Zusammenspiel. Wir sind seit jeher digital getrieben. Eine Effizienzsteigerung unserer Prozesse in Kombination mit Digitalisierung betreiben wir sehr intensiv. Und der Mini-Factory-Ansatz hilft uns dabei, nochmal einen ganz anderen Fokus auf den Shopfloor zu werfen und zudem die Geschwindigkeit zu erhöhen. Und das Thema Geschwindigkeit ist ein ganz zentraler Erfolgsfaktor für uns.
Mini-Factory-Ansatz
Der Digitalisierungs-Boost
Sie wollen die Digitalisierung in Ihrem Unternehmen schneller und effizienter voranbringen?
Honold: Wir sind auch Entwickler von Logistikimmobilien, beispielsweise bauen wir gerade Lagerkapazitäten für den Großraum Ulm an einem unserer Standorte auf der Ostalb um mehr als 30.000 Quadratmeter aus. In diesen Projekten verfolgen wir das Ziel, diese Immobilien nachhaltig zu bauen, beispielsweise indem wir sie mit Dachbegrünung, Versickerungsbiotopen oder Fotovoltaik versehen. Der andere wichtige Aspekt in puncto Nachhaltigkeit liegt in der Entwicklung von Transportsystemen. Die Masse der Kunden muss zukünftig nicht mehr in den Laden fahren, um etwas zu kaufen, sondern das Produkt kommt direkt zum Kunden nach Hause. Warenströme können somit auch auf der Last Mile zusammengefasst werden, und das alles mit elektrischen Autos. Das bedeutet natürlich auch einen entsprechenden Boom für die Logistik. Nur wenn wir effizient sind, dann haben wir die Chance, Ressourcen zu schonen.