Die Krise der Industrie wird kommen

Statement von Ingenics CEO Prof. Oliver Herkommer zum Jahreswechsel

Die Krise der Industrie wird kommen – aber sie kann erfolgreich bewältigt werden

Die Weltwirtschaft, und damit auch die deutsche Wirtschaft, geht einem krisenhaften Umbruch entgegen. In welchem Umfang damit eine Rezession verbunden sein wird, ist offen. Wenn wir nur auf die jüngsten Zahlen schauen, sieht es nicht ganz so dramatisch aus, und viele vermeintliche Experten empfehlen, darauf zu setzen, dass sich deutsche Maschinen-, Anlagen- und Fahrzeugbauer noch immer flexibel und erfolgreich im Umgang mit Krisensituationen gezeigt haben und gestärkt daraus hervorgingen. Was aber ist nun die richtige Antwort auf die immer deutlicher werdende Volatilität des Handelssystems mit den bereits akuten und spürbaren Konflikten zwischen den USA und China, der Krise der Automobilindustrie, dem Austritt der Briten aus der EU etc.?

Während wir auf solche Entwicklungen wenig Einfluss haben bzw. unsere Regierung auf den Versuch der Einflussnahme von vornherein zu verzichten scheint, gibt es Bereiche, die wir sehr wohl beeinflussen können. Allem voran den Wandel in Produktion und Produktionsumfeld im Kontext der Digitalisierung. Um damit umzugehen, sind wir gut gerüstet: Wir haben in den vergangenen fünf Jahren die Voraussetzungen geschaffen, jetzt müssen die einzelnen Unternehmen ihre Hausaufgaben machen, denn für die Praxis gibt es kein Patentrezept.
Wir müssen unseren Kompetenzvorsprung im Automatisieren von Wertschöpfungsprozessen im Maschinenbau und in der Automobilindustrie weiter stärken. Die wichtigste Schlüsseltechnologie, um neue Wachstums- bzw. Effizienzpotenziale zu erschließen, ist die Künstliche Intelligenz (KI). Ein Anwendungsbeispiel ist die Optimierung der Losgrößen mit Machine Learning, das enorme Bestandspotenziale generiert. In den indirekten Bereichen können wir mit Robotic Process Automation (RPA) die Automatisierung von Geschäftsprozessen auf ein neues Niveau heben. Statt einer weiteren KI-Initiative der Bundesregierung gilt es die Zusammenarbeit von Hochschulen, Start-ups und KMU zu fördern. Denn gerade viele „Hidden Champions“ gehen Digitalisierung, KI und Automatisierung zu zögerlich an.

Vor der Digitalisierung muss die Optimierung mit Lean-Sofortmaßnahmen kommen, damit KI greift.

Das Tüfteln an den Produktionsprozessen ist eine deutsche Kernkompetenz, die Ergebnisse haben uns zum Exportweltmeister gemacht. Weil wir es aber bei der Nutzung von KI mit einer neuen Art von agilen Projekten mit vielen Unwägbarkeiten zu tun haben und nicht auf fertige Pakete zurückgreifen können, werden wir ein Stück weit die klassischen Vorgehensweise und Beratungsansätze hinter uns lassen.

Aber: Obgleich viele Unternehmen, vor allem im Mittelstand, nicht offen genug sind, hat die Entwicklung im vergangenen Jahr einen Quantensprung gemacht. Sie ist nicht mehr aufzuhalten. Wo sie stockt, gibt es fast immer denselben Grund: Man bildet sich ein, die Digitalisierung könne die Optimierung der Prozesse gleich mit erledigen – und ist dann enttäuscht. Die schlichte Wahrheit ist: Vor der Digitalisierung muss die Optimierung mit Lean-Sofortmaßnahmen kommen, damit KI greift.

So gesehen sind Lean und Digitalisierung zwei Seiten derselben Medaille. Zusammen bieten sie uns alle Chancen, die kommende – notwendige – Krise unserer Industrie erfolgreich zu bestehen und ein weiteres Mal gestärkt daraus hervorzugehen.

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