Unternehmen stellen sich derzeit angesichts hoher Energiepreise, geopolitischer Risiken, zunehmender Probleme in den Lieferketten und gravierendem Fachkräftemangel auf eine langanhaltende Multi-Krise ein. Stetige Veränderung und eine hochkomplexe Dynamik sind die neuen Wegbegleiter der heutigen Zeit, die Unternehmen aller Branchen vor immense Herausforderungen stellen. Der Aspekt der Instabilität wird zur neuen Realität und verlangt von Entscheidern, stetig neue Lösungen zu identifizieren und umzusetzen. Die instabilen Märkte erfordern gänzlich neue Prioritäten und Spielregeln. Volatilität und Komplexität werden immer mehr zu existenziellen Risiken in diesen dynamischen Zeiten.
Singuläre Transformation hat ausgedient
Es geht nicht mehr um singuläre Transformationsprojekte, sondern vielmehr um eine stetige und vor allem ganzheitliche Unternehmenstransformation. Umdenken ist angesagt. Eine dreifache Transformation in den Bereichen Lean, Green und Digital ist dringend vonnöten. Denn Effizienzsteigerung, Nachhaltigkeit und Digitalisierung sind die zentralen Aspekte für Unternehmen, um nicht nur wettbewerbs- sondern vor allem zukunftsfähig zu bleiben. Angesichts der steigenden Komplexität und Veränderungsgeschwindigkeit gilt es, sich neu zu positionieren, um effektiv und zugleich nachhaltig durch diese hochdynamischen Zeiten zu navigieren. Das fängt bei den Themen Materialbeschaffung und Produktdesign an und geht hin bis zur Produktion, der nachgelagerten Logistik und des Recyclings. Die Handlungsfelder Automatisierung und Digitalisierung, die bislang immer als Erfolgsfaktoren galten, müssen jetzt um die Aspekte Nachhaltigkeit und Menschzentrierung erweitert werden. Denn der Handlungsspielraum für ein ökonomisches Wirtschaften wird zunehmend enger.
Klar definierte Handlungsfelder und aussichtsreiche Lösungsansätze
Auf die Frage, mit welchen Maßnahmen Unternehmen auf die komplexen Herausforderungen reagieren können, um den Industriestandort Deutschland bzw. Europa unter den neuen Rahmenbedingungen weiter wettbewerbs- und zukunftsfähig auszurichten, gibt es keine einfache Antwort. Aber es gibt aus meiner Sicht klar definierte Handlungsfelder und aussichtsreiche Lösungsansätze. Wir müssen die Ressourcen- und Energieeffizienz erhöhen. Es gilt, den CO2-Fußabdruck über die gesamte Lieferkette zu optimieren sowie die Green-Product-Strategie im Rahmen der Kreislaufwirtschaft über den gesamten Produktlebenszyklus zu realisieren. Der Mensch muss als Wachstumsfaktor anerkannt werden, so dass immer mehr Prozesse digitalisiert und automatisiert werden, um verschwendungsarm agieren zu können. Denn die Ressource Mensch beziehungsweise Fachkraft hat sich, das sehen wir heute schon in fast allen Bereichen, zum erfolgskritischen Faktor entwickelt. Zur Absicherung der Lieferfähigkeit müssen zudem alle Daten über die gesamte Lieferkette hinweg synchronisiert werden. Die Erfüllung regulatorischer Anforderungen muss mithilfe einer durchgängigen Digitalisierung und Datenlogistik gewährleistet werden. Und last but not least gilt es, mit einer vertikalen und horizontalen Vernetzung von Systemen über Abteilungs- und Unternehmensgrenzen hinweg eine durchgängige Transparenz zu schaffen.
Lean, Green und Digital in Balance bringen
Multilaterales Agieren, die intelligente Verteilung von Abhängigkeiten und der Aufbau tragfähiger strategischer Partnerschaften werden in Zukunft wichtiger denn je. Sämtliche Eigenschaften und Tugenden, die Unternehmen entwickeln und forcieren müssen, wie beispielsweise Resilienz und Zuversicht, Mut zu intuitiven Entscheidungen, Flexibilität und Anpassungsfähigkeit, Transparenz und eine mitarbeiterorientierte Unternehmenskultur, entfalten nur dann ihre Wirksamkeit, wenn sie auch nachhaltig betrieben werden. Wir müssen uns immer wieder bewusst machen, dass Instabilität und die Überlagerung von Krisen das New Normal sind. Unternehmen brauchen deshalb eine langfristige Strategie und einen ganzheitlichen Masterplan für eine ganzheitliche Unternehmenstransformation, der zielführende Maßnahmen definiert, was in den nächsten Jahren erreicht werden soll, und in Teilschritten festlegt, wann was umgesetzt wird. Die meisten Unternehmen agieren leider immer noch viel zu zögerlich. Wir brauchen nicht mehr nur Tempo beim Thema Transformation, sondern wir brauchen vor allem innovative Ideen für stetige, ineinandergreifende Veränderungen in den Bereichen Lean, Green und Digital. Deshalb ist es höchste Zeit, die ganzheitliche Unternehmenstransformation auf den Weg zu bringen und diese auch als solche zu verstehen. Nach der Transformation ist vor der Transformation – nur so und nicht anders.
Dieser Beitrag erschien erstmals als Gastbeitrag in Die News - Fachzeitschrift für Familienunternehmen.