Remote Work braucht Veränderungsbereitschaft seitens der Mitarbeitenden und Führungskräfte. Während für Mitarbeitende Eigenverantwortung und Selbstmanagement zentrale Punkte sind, stehen Teamleiter vor der Aufgabe, stärker die Zusammenarbeit zu organisieren und Orientierung zu geben. Gerade in der von Unsicherheit geprägten aktuellen Lage kommt der Führungskraft eine Schlüsselrolle zu. „Führungskräfte sind gefordert, den Austausch zwischen den Mitarbeitenden sowie den Zusammenhalt im Team und die Bindung zum Unternehmen aufrechtzuerhalten“, so Prof. Dr. Wilhelm Bauer, Institutsleiter des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO.
Dezentrale und agile Arbeitsstrukturen haben Einfluss auf die Zusammenarbeit von Teams und stellen neue Anforderungen an die Entscheider im Unternehmen. Das gilt besonders dann, wenn Homeoffice beziehungsweise Remote Work zuvor noch nicht in der Organisation etabliert waren. „Vielleicht werden manche Unternehmen zu den alten Strukturen zurückkehren, doch für die meisten werden hybride Arbeitsmodelle aus Heimarbeit und Präsenzphasen der neue Standard sein – ebenso wie das agile Arbeiten“, ist sich Oliver Herkommer, Managing Partner der Ingenics AG, sicher.
Transformationsprozess aktiv mitgestalten
„Durch die veränderten Arbeitsbedingungen, brauchen wir eine neue Art von Führung in allen Hierarchieebenen – ein ‚New Leadership‘“, sagt Oliver Herkommer. Doch welche Qualifikationen und Kompetenzen sind in der veränderten Arbeitswelt entscheidend? „Führungskräfte müssen die Fähigkeit und Bereitschaft zur Veränderung besitzen“, sagt Prof. Dr. Bauer. „Nur so können sie die Umbrüche der Digitalen Transformation auch erfolgreich ins Team tragen.“ Das gelte sowohl für neue Arbeitsmethoden wie auch für neue digitale Tools.
Auch wenn der Wandel zu verstärkter Remote-Arbeit und Führung auf Distanz schnell erfolgt ist: Bis sich „New Leadership“ etabliert hat, wird es noch einige Zeit dauern. Gerade weil es eine Umstellung vieler Beteiligter bedeutet. Die Erfahrung hat gezeigt, dass Veränderungen, die von oben eingeführt werden, schlecht angenommen werden. Parallelstrukturen entstehen und machen die Zusammenarbeit ineffizient. „Daher braucht die Führungskraft Zeit und Geduld, diese Veränderungen im Team herbeizuführen“, sagt Prof. Dr. Bauer und nennt drei zentrale Aufgaben für Entscheider in den kommenden Monaten: die grundlegende Funktionsfähigkeit aufrechterhalten, Transparenz schaffen und die laufende Sinnvermittlung. Auf lange Sicht gesehen, verändert sich das Verständnis von Führung entscheidend: Während die Führungskraft weiterhin die Verantwortung für das Ergebnis trägt, erfolgt die Prozessgestaltung gemeinschaftlich im Team.
Führungskräfte müssen motivieren
Eine erfolgreiche Führungskraft sollte in der Lage sein, ihre Begeisterung für neue Entwicklungen und Offenheit gegenüber Veränderungen an die Mitarbeitenden weiterzugeben. „Bei Remote Work gewinnt die Fähigkeit zur Selbstmotivation an Bedeutung“, sagt Oliver Herkommer. „Auch die Führungskraft muss die Mitarbeitenden motivieren, indem sie zentrale Qualifikationen wie Veränderungsbereitschaft und Lernwilligkeit vorlebt.“
Die Führungsaufgabe in digitalen Zeiten entspricht nicht mehr der traditionellen Form von Anweisung und Ergebniskontrolle. In einer Arbeitswelt, in der Teams verstärkt remote und teils zeitversetzt arbeiten, funktioniert Mikromanagement nicht mehr. Vielmehr muss die Führungskraft Leitplanken vorgeben, aber auch Verantwortung an die Teammitglieder bei der Ausgestaltung der Aufgaben abgeben. „Im Fokus des künftigen Führungshandelns steht das intensive und individuelle Coaching von Mitarbeitenden und Teams“, sagt Prof. Dr. Bauer. Abgabe von Verantwortung, Vertrauen und transparente sowie regelmäßige Kommunikation seien für eine erfolgreiche Führung – insbesondere auf Distanz – entscheidend.
Fest steht: Genauso radikal wie sich die Arbeitswelt verändert hat, müssen sich auch Unternehmen und deren Führungskräfte verändern.

Radikale Digitalisierung
Das Thema „Führung in der Digitalisierung“ ist Teil des Thesenpapiers „Radikale Digitalisierung“, welches Ingenics mit dem Fraunhofer IAO herausgegeben hat. In fünf Blöcken werden Thesen zur veränderten Arbeitswelt aufgestellt und Handlungsempfehlungen gegeben, wie v.a. kleine und mittelständische Unternehmen sich der Situation anpassen können.
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