Simulation beweist Flexibilität und Effizienz der Schwarmmontage in der Praxis

In jüngster Zeit war verschiedentlich davon die Rede, die Ära der Fließfertigung gehe zu Ende, da künftig ausschließlich mit Montageinseln gearbeitet werde. Ingenics Partner und Director Center of Competence Michael Weis macht hingegen deutlich, dass die komplette Abschaffung der Fließbänder nur für bestimmte Produkte infrage kommt. Deshalb zieht er es vor, die Vorteile der Linie mit den Vorteilen der Insel zu verbinden – und hat dafür den Begriff „Schwarmmontage“ geprägt, der in Fachkreisen bereits für Aufmerksamkeit und Diskussionen sorgte. Dass diese hochflexible und hoch effiziente Lösung in der Praxis funktioniert, haben nun die Ergebnisse einer groß angelegten Simulation bewiesen.

 

Die Assoziation des Begriffs Schwarmmontage mit „Schwarmintelligenz“ oder „Schwarmorganisation“, mit Bienenstöcken und Ameisenvölkern, die im Kollektiv mehr bewirken, als man es von der Summe ihrer Mitglieder erwarten würde, funktioniert spontan. Im Zeitalter von Industrie 4.0 muss natürlich auch der Begriff „Big Data“ fallen, da die Fähigkeit, sehr große Datenmengen ohne Zeitverlust zu verarbeiten, eine ent-scheidende Voraussetzung ist.

Ideal für Fahrzeuge mit hoher Varianz oder mehrere Fahrzeugtypen in einer Montage geeignet

„Selbstverständlich wird Industrie 4.0 alle Unternehmensbereiche betreffen. Trotzdem haben wir uns bei der Entwicklung der Schwarmmontage zunächst einmal auf die Montagesicht und auf Elektrofahrzeuge im Premiumsegment konzentriert“, erklärt Michael Weis. „Wo ausschließlich der Preis zählt und die Varianz gering ist, ist die Fließmontage weiterhin das Nonplusultra.“

Dagegen sei die Schwarmmontage ideal für die weitaus individuellere Fertigung von Premiumfahrzeugen geeignet. Denn durch E-Fahrzeuge steige hier besonders die Anzahl an Fahrzeugvarianten; zudem ergeben sich durch die ebenfalls steigende Anzahl an Elektrik- bzw. Elektronikkomponenten im Fahrzeug zusätzliche Montagemodule. Die erforderliche Flexibilität und Effizienz bei der Austaktung der Fertigungslinie bekomme man deshalb mit der Schwarmmontage deutlich besser in den Griff .

Einsatz neuer fahrerloser Transportsysteme 

Für neu zu bauende Montagen müsse man also die Möglichkeit nutzen, statt der gängigen Schubplattenlinien und Elektrohängebahnen neue fahrerlose Transportsysteme (FTS) einzusetzen. „In flexibel angepassten Endmontagen wird es möglich sein, die starren Schubplattensysteme zu verlassen, außerhalb der Linie in sogenannten Schwarmbereichen Sonderwünsche zu realisieren und anschließend wieder in die Linie zurückzukommen“, fasst Michael Weis zusammen.

Zudem schaffe die Möglichkeit des Ausschleusens eines Fahrzeugs an flexibilisierten Arbeitsplätzen auch eine gleichmäßigere Mitarbeiterauslastung. Da die Investition in FTS sich von der Investition in Schubplattenlinien oder Hängebahnen nicht signifikant unterscheidet, spielt die Frage der Investitionen keine Rolle. Der Flächenbedarf für die Arbeitsstationen, die sich im Schwarmbereich befinden, erhöht sich lediglich um ca. 400 m² (35 %).

Vieles spricht deshalb dafür, die verschiedenen Technologien nach Bedarf frei zu kombinieren. So wird es in diesen Schwarmbereichen auch kollaborierende Roboter geben, die sich je nach Bedarf zum entsprechenden Fahrzeug bewegen, dem Mitarbeiter Teile reichen, sie zu montieren helfen oder sogar selbst montieren. Die im jeweiligen Fahrzeug zu verbauenden Teile werden mittels kleinerer FTS „in time“ am Verbauort angedient.

Simulation bringt vier entscheidende Erkenntnisse

Dass das Grundprinzip der Schwarmmontage in der Praxis funktioniert, haben nun die Ergebnisse einer groß angelegten Simulation bewiesen. Als Basis dienten reale Daten von Fahrzeugen, Verbaureihenfolgen, Verbauquoten und Betriebsmittelverfügbarkeiten. Dabei liefen vier Fahrzeugvarianten gemeinsam auf derselben Montagelinie: Premium-Limousine, Luxus-Limousine, Cabriolet und Mittelklasse-Limousine. Zudem wurden insgesamt 13 zu verbauende Montagemodule für den Schwarmbereich herausgearbeitet – von der Standheizung über das Soundsystem bis hin zum Aktiven Fahrwerk.  


Die Ergebnisse der Simulation können sich durchaus sehen lassen und brachten vor allem vier entscheidende Erkenntnisse für die Praxis: 

  1. Auch bei der Schwarmmontage ist eine maximale Varianz mit einer optimierten Auslastung der Arbeitsstationen darstellbar.
  2. Die Anzahl der Montagestationen ist analog zu einer konventionellen Fließmontage.
  3. Die Durchlaufzeit der Fahrzeuge mit geringer Ausstattung reduziert sich erheblich.
  4. Die erforderlichen Investitionen in die neue FTS-Technik sind im Vergleich zu herkömmlichen Schubplattensystemen kostenneutral, dabei aber deutlich flexibler und effizienter.

Nicht zuletzt deshalb betont Michael Weis: „Aus unserer Sicht spricht somit alles für eine flächendeckende Umsetzung der Schwarmmontage.“

E-Mobility vorantreiben

Die e-mobile Welt nimmt immer konkretere Formen an. Gesetzliche Vorgaben zur Reduzierung der CO2-Emissionen, der global steigende Mobilitätsbedarf und das wachsende gesellschaftliche Umweltbewusstsein führen dazu, dass E-Mobility in den Strategien von Automobilherstellern und Lieferanten kontinuierlich an Bedeutung gewinnt.

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